Wenn die Sonne untergegangen ist, erwacht eine dunkle und unbekannte Seite der karibischen Inseln zum Leben.
Eine Verätzung der Lunge, erlitten in den Schützengräben des Ersten Weltkrieges, führt den Amerikaner Granville Lee nach St. Thomas, einer kleinen Insel in der Karibik. Das ganzjährig milde Klima soll seine gesundheitlichen Probleme lindern. Schnell hat sich Lee auf dem beschaulichen Eiland eingelebt und neue Freunde gefunden. Gern sitzt er des Abends nach einem guten Abendessen mit seinen Bekannten zusammen und unterhält sich mit ihnen über die verschiedensten Themen.
An einem solchen Abend ist Jaffray da Silva auf dem Anwesen von Lee zu Gast und im Laufe der Zeit kommt man auf die dunklen Geheimnisse und Legenden der Karibik zu sprechen. Nach anfänglichem Zögern beginnen beide Männer, über ihre Erfahrungen mit dem Voodoo-Kult und anderen finsteren Wesenheiten der Antillen zu berichten. Dass die Begegnung mit einem leibhaftigen Zombie dabei noch zu den harmlosesten Vorkommnissen zählt, offenbart, welch finstere Geheimnisse sich hinter der betörenden Fassade der makellosen Inselparadiese verbergen. Die wohl beunruhigendste Geschichte, die an diesem Abend zum Besten gegeben wird, dürfte jedoch jene sein, in deren Mittelpunkt der Bedienstete Lees, Brutus Hellmann, steht. Urplötzlich wird der stets korrekte Diener zur Zielscheibe nächtlicher Übergriffe. Wer trachtet dem jungen Mann nach seinem Leben und warum?
Zwei Geschichten des amerikanischen Schriftstellers Henry S. Whitehead bilden die Grundlage dieser Episode des "Gruselkabinett" und thematisieren die dunklen Legenden der karibischen Inseln. Trotz des plakativen Titels befasst man sich mit dem im Moment allgegenwärtigen Untoten nur am Rande und rückt andere, weniger bekannte unerklärliche Phänomene dieser Region des Erdballs in den Mittelpunkt. Als Rahmen für die Geschichten dient ein Gespräch zweier amerikanischer Gentlemen, die von ihren Begegnungen mit dem Übersinnlichen berichten. Ohne inhaltliche Längen bekommt man zwei sehr unterschiedliche Erzählungen präsentiert, bei der die zweite den eindeutig höheren Spannungsfaktor vorweisen kann.
Die Frage, woher die urplötzliche Bedrohung stammt, die Lee und seinen Bediensteten Nacht für Nacht zusetzt und sogar nach dem Leben trachtet, sorgt von Beginn an für eine dichte Atmosphäre und zieht den Hörer in seinen Bann. Die Lösung für die unheimlichen Vorkommnisse ist originell und hebt sich wohltuend von überstrapazierten Themenfeldern ab. Gänsehautmomente hält aber auch die Geschichte von Jaffray da Silva bereit, wenn er aus jener seltsamen Nacht berichtet, in der ein langjähriger Freund sein Leben aushaucht. Lebende Tote begegneten einem bereits zuvor im "Gruselkabinett", doch mit "Der Zombie" wendet man sich erstmals dem Themenfeld des Voodoo zu und erweitert die Palette der aufgegriffenen Aspekte der Horror- und Gruselliteratur.
Seit den ersten schriftstellerischen Gehversuchen auf dem Terrain der Geister- und Schauergeschichten ist die Religion aus Westafrika eine Inspirationsquelle für unzählige Autoren. Titania Medien bewies wieder einmal einen guten Riecher bei der Auswahl, welche Geschichte Einzug ins "Gruselkabinett" halten durfte, denn Whitehead verbrachte nicht nur selbst lange Zeit in der Karibik, sondern macht seinem Publikum eher unbekannte Aspekte bekannt, sodass die Erzählungen trotz ihres Alters unverbraucht und frisch klingen.
Wenn eine Geschichte in einer tropischen Gegend der Welt spielt, klingt diese natürlich anders als wenn sie in unseren gemäßigten Breitengraden angesiedelt wäre. Die bei "Der Zombie" zum Einsatz kommende Soundkulisse lässt von Anfang an die üppige Vegetation und artenreiche Tierwelt der Karibik vor dem imaginären Auge Gestalt annehmen. Dazu kommt die wohldosierte Verwendung von Effekten und Geräuschen an den richtigen Stellen, sodass man sich schnell in die 1930er Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurückversetzt fühlt.
Fast permanent wird das gesamte Hörspiel von Musik untermalt, die sich je nach Geschehen in den Vordergrund schiebt oder hinter den Dialogen zurücktritt. So verstärkt sich der Effekt, mit den eingestreuten Musikstücken die vorherrschende Stimmung zu forcieren, es entsteht eine homogene Mischung aus Musik und gesprochenem Wort, die man sich bei vielen anderen Produktionen wünschen würde.
Viele der Hauptrollen von "Der Zombie" sind mit den Altmeistern des Hörspiels besetzt und die stellen von Anfang an unter Beweis, warum sie diesen Rang mehr als verdient haben. So geben sich hier Jürgen Thormann, Eckart Dux, Gerd Holtenau und Mogens von Gadow ein Stelldichein. Die Leistung aller genannten Akteure ist überzeugend, lediglich Gerd Holtenau klingt an der einen oder anderen Stelle etwas verwaschen, sodass man sich auf seine Stimme konzentrieren muss, um insbesondere die Satzenden zu verstehen. Dazu kommen zwei Sprecher, die bisher noch nicht so häufig in Erscheinung getreten sind, aber ebenfalls überzeugen können.
Peter Lontzek und Fabian Oscar Wien dürfen bei der Qualität ihrer Arbeit gerne häufiger in Erscheinung treten. "Der Zombie" ist eine stimmige Angelegenheit, die auch nach mehrmaligem Hören nicht ihren Reiz einbüßt. Es bleibt festzuhalten, dass das "Gruselkabinett" inhaltlich wieder enorm angezogen hat und seinen Hörern trotz der hohen Folgennummern spannende und gruselige Stoffe präsentiert, die Mitbewerber vermissen lassen. In seiner Nische ist Titania Media unangefochten auf der Poleposition.