Was Marvel-Leser schon 1991 wussten, erfuhr der gemeine Kinogänger erst über zwei Dekaden später: Mit den Infinity-Steinen ist nicht zu spaßen.
Es war einer jener Momente im Kino, in denen sich eingefleischte Marvel-Connaisseure auf die Schulter klopfen und sagen konnten: "Kenne ich schon." Die Rede ist natürlich von "Avengers: Infinity War" von 2018 und der berühmten Szene mit Thanos` Fingerschnippen ("The Blip"), das sich im ersten Heft der kultigen Miniserie "The Infinity Gauntlet" nachlesen lässt. Die zentrale Inspiration für das Finale der "Phase Three" des "Marvel Cinematic Universe", 1991 in sechs Heften erschienen, findet sich komplett im vorliegenden Band der Marvel-Kollektion. Die Neuauflage des Klassikers ist ein feiner Zug von Hachette, um angesichts der in der Reihe überproportional häufig vertretenen Crossovers der 2000er und 2010er Jahre wieder einmal älteres Material zu lesen.
Durch die Geschehnisse im vorangegangenen Zweiteiler "Thanos Quest" wähnt sich Thanos im Besitz aller sechs Seelensteine, deren Bedeutung allen, die auch nur ansatzweise mit dem Marvel-Universum im Allgemeinen und Adam Warlock im Speziellen vertraut sind, klar sein sollte. Um der angebeteten Mistress Death seine nunmehr uneingeschränkte Macht zu demonstrieren, schnippt der wahnsinnige Despot mit der gesunden lila Hautfarbe mal eben die Hälfte aller Lebewesen weg – ein gigantischer und in seinen Konsequenzen bisher unübertroffener Massenmord im Marvel-Universum, der nicht ungesühnt bleiben darf. Niemand Geringerer als Warlock, den selbst eine nicht friktionsfreie Geschichte mit den Seelensteinen und Thanos verbindet, schart jede Menge Helden und selbst kosmische Entitäten wie Eternity für den schier aussichtslosen Gegenangriff um sich.
Mehr Worte zur grundlegenden Prämisse braucht es nicht, Jim Starlin als Autor bürgt ohnehin für dramatische Action kosmischer Ausmaße. Auch wenn "The Infinity Gauntlet" ein paar kleinere Längen hat (das zurückgewiesene Werben von Thanos um Mistress Death), bietet die Story immer noch große Unterhaltung mit einem guten Querschnitt aller Superhelden, die im Marvel-Universum von 1991 etwas zu sagen hatten (wenngleich die kommerziell dominierende Mutantenfraktion auffallend unterrepräsentiert war). Das Artwork von Altmeister George Pérez ist wie so oft eine Augenweide, aber auch der für die letzten beiden Kapitel rekrutierte Ron Lim hat seinen Job äußerst solide erledigt. Wer die unmittelbare Fortsetzung lesen will, kann auf
Band 33 der "roten" Reihe zurückgreifen und sich ansonsten schon mal auf die beiden weiteren Epen "The Infinity War" und "The Infinity Crusade" freuen.
# # # Andreas Grabenschweiger # # #
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