Der Auftakt zu Mayday Parkers Abenteuern als Spinnenheldin ist die perfekte Symbiose aus dem Sinn für Tradition und frischen Ideen.
Auch wenn bei dem einen oder anderen über die Zeit wohl auch etwas Altersmilde hinzugekommen ist, stellt die berühmt-berüchtigte
"Klonsaga" für manche Spidey-Anhänger selbst ein Vierteljahrhundert nach ihrem Ende immer noch ein Reizwort dar. Da Superhelden-Fans mitunter veränderungsresistent sind, opferte Marvel auf dem Altar der Rückkehr von Peter Parker als einzig wahrem Netzschwinger auch sein gemeinsames Kind mit Mary Jane. Ob die kleine May tatsächlich totgeboren worden war, wie die verantwortlichen Kreativkräfte nahelegten, wurde allerdings nicht explizit geklärt – Alison Mongrain als Handlangerin des zurückgekehrten Norman Osborn machte sich jedenfalls mit ihr aus dem Staub.
Für "What If?" 105 aus dem Jahr 1998 griff mit Tom DeFalco einer der Strippenzieher der Klonsaga dieses wesentliche Storyelement der ursprünglichen Erzählung ausgehend von der Idee, dass Mayday Parker überlebt hätte, wieder auf und präsentierte den begeisterten Lesern eine Teenagerin, die gerade ihre vom Vater geerbten Spinnenkräfte entdeckt. Selbstverständlich ist Peter Parker wenig begeistert von den heroischen Avancen seiner Tochter, hat er doch nach dem Verlust eines Beins im finalen Kampf gegen den zweiten Green Goblin Harry Osborn sein Kostüm an den Nagel gehängt. Als sich jedoch Normie Osborn für seine beiden toten Vorfahren rächen will, kann May nicht anders und rettet den Tag im rot-blauen Dress ihres "Onkels" Ben Reilly.
Die anschließend gestartete monatliche "Spider-Girl"-Serie brachte es auf die Rekordzahl von 100 Ausgaben (und wurde damit zu Marvels bisher längster mit einer weiblichen Titelfigur) sowie diversen Fortsetzungen bis hin zum großen Spinnen-Crossover
"Spider-Verse". Vieles verhält sich in dem MC2 (abgekürzt für "Marvel Comics 2") getauten alternativen Universum anders, etwa dass May im Gegensatz zu ihrem Vater bei ihren Mitschülern sehr beliebt und eine regelrechte Sportskanone ist, aber zahlreiche bekannte Elemente aus dem Marvel-Fundus werden wieder aufgegriffen – seien es die zu den Fantastic Five gewordene "First Family" oder die weniger bekannte Episode rund um Phil Urichs kurze Karriere als gutartiger Green Goblin zur Zeit der Klonsaga. Tom DeFalcos Texte, die sich an die Charaktere richten, scheinen für jüngere Leser vielleicht antiquiert, verstärken aber umso mehr das Retro-Feeling, das die alten Hasen verspüren werden.
Pat Oliffe, der ab "Spider-Girl" 1 den Bleistift schwang, ist die perfekte Wahl und wohl nicht ohne Grund immer wieder für Storys eingesetzt worden, die eine dezidiert oldschoolige Atmosphäre atmen. So vergehen die hier abgedruckten ersten sieben Ausgaben von Maydays Solo-Abenteuern wie im Flug und kombinieren die einst von Stan Lee perfektionierte Mischung aus Teenie-Seifenoper, flapsigen Sprüchen und großem Drama mit dem hinzugekommenen Generationenkonflikt zwischen einer noch unsicheren jungen Heldin und ihrem Vater, der sie vor den mit seinem Kostüm verbundenen Gefahren schützen will. Uneingeschränkte Leseempfehlung!
# # # Andreas Grabenschweiger # # #
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