Prophezeiungen sind mit Vorsicht zu genießen, besonders wenn sie mit dem unbändigen Willen unserer Abenteuerin kollidieren.
Ein bittersüßer Beigeschmack mengt sich in die Freude beim Aufschlagen dieses dritten Bandes der mustergültigen Integral-Ausgabe von Michel Weylands langlebiger Fantasysaga. Neben den üblichen erhellenden Informationen, Skizzen, Coverstudien und Titelbildern der Originalalben findet sich hier ein weiteres Interview mit dem Meister, welcher über den Schwanengesang der Serie spricht, die ihn seit nunmehr vier Dekaden begleitet. Band 39 ("Flammes Salvatrices") stellt den letzten regulären Band von "Aria" dar, dem noch ein weiterer in Form eines Reisetagebuchs folgen wird. Bis Monsieur Weyland den letzten Strich in dieser Hinsicht setzt, stehen aber zum Glück noch zahlreiche weitere Geschichten – darunter naturgemäß viele deutsche Erstveröffentlichungen – ins Haus, um uns auf das unvermeidliche Adieu vorzubereiten.
Aber wer weiß? Vielleicht ist auch dieser Blick in die Zukunft nicht endgültig in Stein gemeißelt und es kommt doch noch anders als man denkt… womit wir irgendwie auch schon beim Motto wären, mit dem sich die vorliegende Ausgabe überschreiben ließe. Die hier versammelten Originalalben ("Le Combat de dames" von 1987, "Œil d’ange" von 1988, "Janessandre" von 1989 und "Le Cri du prophète" von 1990) scheinen mal mehr, mal weniger um scheinbar unabwendbares Schicksal und den Versuch, sich aus dessen Fängen zu befreien, zu kreisen. Eine wesentliche Rolle spielt dabei die Gornexe, ein mächtiges Überbleibsel eines Meteoritenregens, das Aria mehrmals gute Dienste leistet.
Die Fähigkeiten der "Steinblume" hängen mit dem Tod des Propheten Phaëlgal zusammen – in dessen Schriften ist gar die Rede davon, dass Aria als seine Mutter vorherbestimmt ist! Eine Rolle, die einer nach Ungebundenheit strebenden, selbstbewussten Frau natürlich ebenso wenig behagt wie der unmittelbare Verlust ihrer Freiheit. Aus "Janessandre" wiederum erfahren wir ein Detail, das ihre Welt der unseren wieder ein Stück näherbringt: Auch in "Aria" wurde ein "neuer" Kontinent namens Ameronien entdeckt, die dortigen Ureinwohner (hier gar hellhäutige Indianer) laufen wenig überraschend Gefahr, unter den Stiefeln der eindringenden Kolonisatoren zermalmt zu werden.
Auch bisher wurden religiöse Thematiken aufgegriffen, interessant ist jedoch, dass sich Michel und Nadine Weyland nie ganz festlegen: Einerseits hinterfragt (und hintertreibt) die Protagonistin einem rationalen, aufgeklärten Geist gleich diverse Dogmen, andererseits scheint in bestimmten Situationen immer wieder eine höhere Macht einzugreifen. "Le Cri du prophète" lässt sich jedenfalls durchaus als augenzwinkernde Referenz an ein zentrales Kapitel der christlichen Glaubenslehre interpretieren. Neben der Zukunft spielt aber auch die Vergangenheit eine Rolle, da es erste Hinweise auf Arias (noch) im Dunkeln liegende Kindheitsjahre gibt (siehe "Le Combat de dames"). Viele Gründe also, um bei "Aria" am Ball zu bleiben und die ambitionierte Edition von Kult Comics zu supporten!
# # # Andreas Grabenschweiger # # #
Publisher: Kult Comics
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