Begebenheiten rund um einen unterirdischen Tempel, einen angeblich wundertätigen See und ein größenwahnsinniges Bauvorhaben machen es Aria schwer, die Zügel ihres Schicksals fest in den Händen zu halten.
Als wäre der
erste Band der mustergültigen Integral-Edition von Michel Weylands "Aria", der übrigens wie alle nachfolgenden auch als limitierte Vorzugsausgabe erhältlich ist, nicht schon ein Auftakt nach Maß gewesen, legt der zweite hinsichtlich der Seitenzahl noch ein Schippchen drauf. Bei einer wohl nur kosmetisch gemeinten Preiserhöhung von fünf Cent werden der geneigten Leserschaft satte 40 Seiten mehr geboten, sprich ordentlich "value for money"! Bedingt durch die Vorgaben des Schöpfers weicht auch diese Ladung an Geschichten etwas von der ursprünglichen Veröffentlichungsreihenfolge ab: Nach dem dritten Originalband "Die siebte Pforte" (1981), dem vierten Band "Die Ritter von Aquarius" und dem fünften Band "Die Tränen der Göttin" (beide von 1983) gibt es einen Sprung zum achten Band "Der Meridian von Posidonia" (1985).
Da die Bände sechs und sieben bereits in Auftaktausgabe zum Abdruck kamen, liegen somit die ersten acht Originalalben komplett vor. Außerdem enthalten ist mit "Dieses Schicksal ist dir nicht bestimmt" aus "Tintin Super" 17 von 1982 eine weitere Kurzgeschichte, die eine Aufnahmeprüfung bei Amazonen schildert – und dabei kann sich die mit etwas zu viel Selbstsicherheit angetretene Aria bei einer höhergestellten Instanz dafür bedanken, dass sie grandios scheitert. Im vorangegangenen Abenteuer hingegen hinterfragt unsere Protagonistin sehr wohl vorgebliche Dogmen, die der unter der Erde lebende Kult des Halbès pflegt. Über die Bekanntschaft mit dem magisch begabten Mädchen Arcane entdeckt Aria, dass Hass und Rachegefühle keinerlei Ablaufdatum haben.
"Die Ritter von Aquarius" und "Die Tränen der Göttin" bilden ein zweiteiliges Abenteuer, dessen Finale eine überraschende Wendung bereithält hinsichtlich allfälliger Versuche des Lesers, die Zeit festzumachen, in der Aria ihre Abenteuer erlebt. Was genau hinter dem Wasser eines Sees steckt, der statt der verheißenen Wundertätigkeit alle, die in ihm baden, zu bizarren Kreaturen verwandelt, sei an dieser Stelle nicht verraten, ist aber eine auch heute noch gegenwärtige Gefahr, deren Arm selbst bis in die Welt von Aria reicht. Trotz des Mittelalter/Fantasy-Settings gibt es hier aber generell einiges, das Menschen des 20. (respektive 21.) Jahrhunderts kennen – selbst Drogensucht oder die Segnungen der etwa aus der Traditionellen Chinesischen Medizin bekannten Kraftlinien, die in "Der Meridian von Posidonia" eine zentrale Rolle spielen.
Wie immer – und angesichts einer derart anmutigen weiblichen Hauptfigur – scheint das Übel aber hauptsächlich von den Herren der Schöpfung auszugehen, mit deren chauvinistischen Herrschafts- und/oder Besitzansprüchen Aria fertigwerden muss. Dass sie selbst oft in Gefangenschaft gerät, sollte jedoch keineswegs als wiederkehrendes "damsel in distress"-Szenario abgetan werden, sondern ist allem Fantastischen zum Trotz als Zeichen des Realismus zu werten, welcher der Serie innewohnt. Nicht zuletzt kann die Protagonistin nicht nur herzensgut und hilfsbereit sein, sondern ebenso nachtragend, jähzornig und eitel, was sie als Mensch kennzeichnet, der nun einmal Fehler hat. Ein Irrtum ausgeschlossen ist hingegen definitiv, was die Aufbereitung auch dieses Bandes angeht. Die ist erneut dank aufschlussreicher Texte sowie abgedruckten Covers, Entwürfen und Vorstudien über jeglichen Zweifel erhaben.
# # # Andreas Grabenschweiger # # #
Publisher: Kult Comics
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