Hurricane ist eine Stadt voller Geheimnisse. Wer es wagt, an der fragilen Oberfläche zu kratzen, begibt sich in Gefahr, seine Neugier mit dem Leben zu bezahlen.
Bis vor wenigen Wochen war Hurricane eine Kleinstadt in der unwirklichen Landschaft Alaskas, in der sich das Verbrechen auf wenige Bagatellen zu beschränken schien. Doch nun ist alles anderes, binnen weniger Tage ereignen sich einige merkwürdige Todesfälle. Warum lässt sich ein Minenarbeiter nackt und ohne Gegenwehr von einem gigantischen Truck überrollen? Wieso häufen sich bizarre Selbstmorde in Hurricane? Die wenigen Sicherheitskräfte wirken überfordert und zeigen nur wenig Interesse, deren Hintergründe aufzudecken.
Nur Deputy Pam Turner ist nicht bereit sich mit einfachen Antworten zufriedenzugeben. Eine gefährliche Berufsphilosophie, wie sich alsbald zeigen wird, denn die Nachforschungen der jungen Polizistin bleiben nicht unbemerkt und es gibt eine Menge Menschen, die nicht bereit sind Macht und Geld der aufstrebenden Karriere eines Deputys zu opfern. Hurricane entwickelt sich mit jedem verstreichenden Tag zu einem Ort, an dem Lügen und Gewalt den Alltag bestimmen.
Das nenne ich einmal ein ordentliches Brett, das uns Europa Next hier um die Ohren haut. Von außen ist Hurricane der Inbegriff der ländlichen Idylle, eingebettet in die atemberaubende Landschaft Alaskas, doch im Inneren ein widerlich stinkender Pfuhl, in dem sich jede Art menschlichen Abschaums suhlt. Raimon Webers neuestes Meisterstück präsentiert sich als munteres Stelldichein, wo der White Trash der amerikanischen Unterschicht Gangstern unterschiedlichster Couleur und einer zu tiefsten korrupten Justiz freudig die Hand entgegenstreckt. Wie gewohnt inszeniert sich Weber als brillanter Erzähler, der sein Publikum auch über zehn Episoden hinweg zu überraschen weiß. Selten zuvor begegnete man einer solchen Ansammlung von Kaputten und Gestörten wie hier. Herrlich! Neben
"Vidan" ist "Hurricane" sicherlich das heißeste Eisen, das Europa derzeit im Feuer hat.
Endlich bekommt eine ausgeklügelte Story ebenjenen Raum, den sie braucht. Hier gibt es keine Längen oder unnötige Dialoge, die die Handlung strecken, alles wirkt ausgewogen und wie aus einem Guss. Die Idee, Hörspielserien ähnlich wie Fernsehproduktionen als Staffel zu produzieren, geht auch in diesem Fall 100%ig auf. Die soundtechnische Gestaltung ist ebenfalls nicht zu verachten und man schafft es problemlos sich auf die Abgeschiedenheit der amerikanischen Wildnis einzustimmen. Egal, ob eine Szene sich in der Leere der Natur zuträgt oder uns in ein schmieriges Hinterzimmer eines zwielichtigen Truckpuffs führt, alles wirkt jederzeit authentisch und absolut nachvollziehbar. Gleiches gilt für die musikalische Gestaltung dieser Produktion. Die besondere Stimmung, die "Hurricane" ausmacht, wird immer wieder aufgenommen und auch im Sound perfekt widerspiegelt.
Wenn man ein Panoptikum des Wahnsinns wie im Fall von "Hurricane" zum Leben erweckt, bedarf es einer Menge großartiger Stimmen, um die mentale Schieflage vieler Charaktere mit Leben zu füllen. Tatsächlich ist es hier in allen Fällen gelungen, diese Herkulesaufgabe in vollem Umfang zu erfüllen. Gerrit Schmidt-Foß war schon in den unterschiedlichsten Rollen zu hören, aber sicherlich noch in keiner, die so derartig krank ist wie Damien Nitzinger. Schmidt-Foß schafft es, den labilen Killer mit beunruhigenden Vorlieben sehr lebendig und beängstigend zu interpretieren. Ann-Kathrin Hinz ist der unterwürfige und höchst psychotische Sidekick ihres Freundes, ein ebenfalls intensiver Auftritt. Katja Brügger mimt das äußerst aggressive und ohne Rücksicht agierende Oberhaupt des Elder-Clans und Till Hagen zeichnet sich als überforderter und desillusionierter Sheriff aus. Alle Akteure zeigen hier auf ganzer Linie ihr Können. Sicherlich eine der besten und emotional aufwühlendsten Produktionen dieses Jahres.
# # # Justus Baier # # #
Publisher: Europa Next/Sony Music
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