Ein Außenseiter wird zum Getriebenen seiner Obsessionen, die ihn schließlich über bloßen Voyeurismus hinausgehen lassen.
Wo und wann Benedict das Licht der Welt erblickt, wird nicht enthüllt, ist aber zum Verständnis der um ihn gesponnenen Geschichte auch nicht weiter relevant. Benny, wie man ihn nennt, erhält als Spross einer wohlhabenden Familie jedenfalls eine standesgemäße Ausbildung, fällt jedoch bald durch das frühe Befassen mit der eigenen Sexualität auf. In einer Gesellschaft, deren Moralvorstellungen die offene Diskussion jeglicher Geschlechtlichkeit nicht zulassen, eckt der heranwachsende Lüstling, mit dem anscheinend irgendetwas nicht in Ordnung ist, umso mehr an. Man verschafft ihm letztlich eine Anstellung, die zwar seinem sozialen Stand nicht entspricht, ihn aber zumindest fürs Erste aus dem Blickfeld jener entfernt, die womöglich Fragen stellen könnten.
Die Tätigkeit im örtlichen Zoo befördert Bennys Neigungen, die sich zunächst auf voyeuristische Umtriebe in unbeobachteten Momenten und aus verschiedenen Verstecken heraus beschränken. Das ändert sich jedoch, als er eines Tages während der Arbeit die "weiße Becky" beobachtet, seinen Schwarm aus Schultagen. Sie besucht den Tiergarten mit einer Freundin und zeichnet in ein Skizzenbuch, das versehentlich vor Ort zurückbleibt und in die Hände ihres Bewunderers gerät. Er folgt ihr nicht nur heimlich bis zu ihrem Zuhause, sondern wirft auch einen Blick in seinen bald wertvollsten Besitz: Auf dessen Seiten finden sich Zeichnungen von Becky, die sie beide und andere in verschiedenen erotischen Situationen zeigen. Benny ist fasziniert und deutet dies als Einladung, die geradezu prophetischen Träume wahr werden zu lassen.
Nach dem ebenfalls in deutscher Übersetzung bei avant erschienen "Vaterland" ist "Bezimena" eine weitere aufwühlende Beschäftigung von Ninja Bunjevac mit ihrer eigenen Biografie. Traumatische Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt werden mit Motiven der Sage von Artemis und Siproites verwoben und in einem unglaublich detaillierten Artwork zu Papier gebracht, das an Kupferstiche erinnert und in seiner geradezu traumhaft schönen Ästhetik einen krassen Widerspruch zur brutalen und kriminellen Wirklichkeit bildet, in der sich der fiktive Benny stellvertretend für leider allzu viele, allzu reale Pendants bewegt. Ein mutiges und starkes Werk, dem für seinen Versuch, mit künstlerischen Mitteln die krank- und wahnhafte Psyche von Sexualverbrechern zu ergründen, hoffentlich viel Aufmerksamkeit zuteilwird.
# # # Andreas Grabenschweiger # # #
Publisher: avant-verlag
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