Edward Dunning führt das ruhige Leben eines Wissenschaftlers. Die ändert sich jedoch, als sein Rat als Experte zur Ablehnung eines Manuskripts führt.
Nicht jeder ist in der Lage mit Kritik umzugehen, eine Erfahrung, die auch der Verleger Fred Gayton machen muss, als einer seiner bestellten Experten das Manuskript des ausgewiesenen Alchemisten und Okkultismus Mr. Karswell ablehnt. Ein ausgedehnter Briefwechsel gewinnt zunehmend an Schärfe. Obwohl seine Identität seitens des Verlags geheim gehalten wird, kommt es zu zunächst subtilen, dann immer offeneren Drohungen gegen Edward Dunning, ebenjenen Mann, dessen Expertise Karswells Ausarbeitung zerriss und ins Reich der Mythen und Legenden verbannte. Zunächst ist vollkommen unklar, wer sich hinter den Übergriffen gegen ihn verbirgt.
Schnell weichen erste Vermutungen der Gewissheit, dass der rachsüchtige Karswell bereit ist über Leichen zu gehen, damit er sein Ziel erreicht und Genugtuung erfährt. Gayton und Dunning benötigen dringend Hilfe, um ihre Leben zu retten und die Pläne ihres Gegenspielers zu vereiteln. Wird es gelingen, die finsteren Schachzüge des ausgewiesenen Satanisten Karswell noch zu durchkreuzen?
Mit "Runenzauber" gibt ein weiterer Altmeister des gediegenen viktorianischen Grusels innerhalb dieser Reihe erneut seine Visitenkarte ab und bereichert sie mit einer atmosphärischen und durchaus düsteren Schauergeschichte. M. R. James liefert hier eine Story ab, die alle wichtigen Ingredienzien enthält, welche für eine amtliche Gänsehaut notwendig sind. Einen Gegenspieler, der mit allen Wassern gewaschen ist und aus dem Verborgenen heraus operiert, um seine Pläne in die Tat umzusetzen. Ein spannender Plot mit einer Reihe von gelungenen Wendungen wird garniert mit übersinnlichen Phänomenen, finsteren magischen Ritualen und Begegnungen mit dem Unfassbaren.
Umso überraschender, dass diese Geschichte keinen höheren Bekanntheitsgrad genießt und somit zu den eher unverbrauchten Vertonungen des "Gruselkabinetts" gezählt werden darf. Auf jeden Fall der richtige Ort, um sie einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, denn Fans des Genres werden begeistert sein.
Die Handlung schreitet eher gemächlich voran, was jedoch für ihren Entstehungszeitraum absolut normal und der Qualität keinesfalls abträglich ist. Insbesondere die musikalische Gestaltung fällt äußerst gelungen aus, denn das Produktionsteam vermag es quasi von der ersten Minute an, eine bedrohliche und unheimliche Soundkulisse zu erzeugen, die beim Hörer für eine anhaltende Verunsicherung führt und jederzeit eine weitere Bedrohung erahnen lässt. Mehr kann man von einem Soundtrack nicht erwarten.
Die eingesetzten Effekte unterstreichen die mysteriösen Momente des Hörspiels und sind gut gewählt. Einziger Wermutstropfen ist das verwendete Kindergeschrei, das leider eher künstlich klingt und durch den mehrmaligen Einsatz einem Fremdkörper gleichkommt, doch das sei nur als kleines Detail am Rande erwähnt.
Bei der Besetzung der Rollen hat man tatsächlich keine Kosten und Mühen gescheut und bringt über ein Dutzend erstklassiger Sprecher an den Start. Darunter finden sich so illustre Namen wie Horst Naumann, Bodo Primus, Reinhilt Schneider, Dagmar von Kurmin, Petra Nadolny und Sascha von Zambelly. Horst Naumann wird als Mr. Karswell zum Inbegriff des Bösen, eine absolute Idealbesetzung. Jede Minute, in der er zu hören ist, kauft man ihm den streit- und rachsüchtigen Okkultisten ohne Einschränkungen ab. Sascha Zambelly verkörpert Edward Dunning und schafft es, die zunehmende Bedrohung für sein Leib und Leben auf das Publikum zu übertragen. Großartig.
Insgesamt gibt es im gesamten Ensemble keinen Ausfall zu verzeichnen, jeder versteht sein Handwerk und macht "Runenzauber" zu einem großen Hörvergnügen. Nach dem
vorangegangenen Blackout findet das "Gruselkabinett" zu alter Stärke zurück und präsentiert sich in jener Qualität, die es einst groß gemacht hat.