Als ich die Stufen des Kellerclubs hinabsteige spielt schon die PAUL DIMMER BAND zarten Songwriter-Pop aus Hamburgs Gassen. Die Band kenne ich bisher nur dem Namen nach, aber ein Gesicht kommt mir sofort bekannt vor...
Es ist Zachary Johnson, der ehemalige Sänger von READYMADE, einer der - für mich - wichtigsten deutschen Indie-Bands, der heute in der PAUL DIMMER BAND als Multiinstrumentalist an Schlagzeug, Keyboard und Slide-Gitarre agiert.
Nach einer etwas längeren Wartezeit wird Niels Frevert mit seiner vierköpfigen Band unter tosendem Applaus vom Publikum begrüßt. Frevert, ganz nonchalant in Karohemd und Jeans gekleidet, zupft die ersten Töne von "Baukran". Auch in Freverts Band entdecke ich ein mir bekanntes Gesicht: Gitarrist Marco Schmedtje hat schon für Ex-SELIG-Sänger Jan Plewka und einige seiner Projekte (u.a. ZINOBA) in die Saiten gegriffen. Auch den Bassisten kenne ich vom Sehen her und ordne ihn ebenfalls einer Hamburger Band zu, doch wie er heißt, weiß ich nicht. Ein Schlagzeuger und ein Keyboarder komplettieren Niels Freverts kleine Band. Wie klein ist doch die Welt? Jedenfalls nicht so groß, dass Frevert sie nicht in die passenden Worte fassen könnte ("SOS").
Bei "Polyacryl" und "Tag Ohne Namen" legt er die Akustikgitarre zur Seite und stimmt auf seiner Epiphone Semi-Acoustic die ersten elektrischen Töne dieses wundervollen Abends an. Beim genialen "Ich Möchte Mich Gern Von Dir Trennen" im leichten Salsa-Rhythmus, ist Zach Johnson wieder als Gastmusiker mit Cabasa am Bühnenrand zu sehen - auch hier hilft er also aus. Von einem Klassentreffen erzählt Frevert bei "Niendorfer Gehege" und Marco Schmedtje tauscht seine weiße Telecaster gegen eine Westerngitarre. Es folgen die Lieder "Du Kannst mich An Der Ecke Rauslassen" vom gleichnamigen Album und "Glückskeks" vom Album "Seltsam Öffne Dich", welches Frevert an der Akustikgitarre begleitet.
"Jetzt kommt ein älteres Lied", erzählt Niels Frevert und durch die "Einbahnstrassen" führt er zum "Typ Der Nie Übt (Worum Es Eigentlich Geht)", um gleich danach alle einzuladen, denn "…die Tür ist offen" ("Wann Kommst Du Vorbei"). In Freverts heimeliger Wohnung aus warmen Gitarren und genialen Texten dürfen natürlich auch Alltagsgegenstände wie die "Einwegfeuerzeugstichflamme" und eine "Tiefkühltruhe" nicht fehlen. Nach "Seltsam Öffne mich" verlassen Sänger und Band die Bühne, doch Niels Frevert wird alleine mit Akustikgitarre zurückkehren um "Aufgewacht Auf Sand", nur von seinem Pianisten unterstützt, vorzutragen.
Bei "Waschmaschine" schwingt sich Frevert auf`s Fahrrad und entdeckt auf poetische Weise seine Umwelt, was in der schummrigen Club-Atmosphäre herrlich intim wirkt. Der Blick auf die Uhr verrät leider, dass auch dieser schöne Abend wohl bald ein Ende haben wird und Frevert drückt das auf seine Weise mit "Du Musst Zuhause Sein" von seinem Solo-Debut aus. Dabei wird er von seiner Band und einem Schifferklavier unterstützt. Der angejazzte "Durchsichtigerblues" entlässt Sänger und Musiker in die Nacht und hinterlässt bei mir ein wohliges Gefühl: Nämlich das Niels Freverts Lieder kurzweilig und zugleich ergreifend sein können.
###Fabian Toenges###
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