Seit seinem letzten Abenteuer ist Matthew Corbett in New York ein Held geworden. Noch ahnt er nicht, welch schrecklicher Fall noch vor ihm liegt.
Das Leben des ehemaligen Gerichtsdieners Matthew Corbett hat sich grundlegend verändert. Erst wird er als Agent für die britische Herrald-Vertretung engagiert und sein erster Auftrag kostet ihn auch direkt fast das Leben. Durch einen befreundeten Zeitungsverleger verbreitet sich die Geschichte von Matthews erstem Abenteuer jedoch wie ein Lauffeuer in der aufstrebenden Stadt und macht ihn alsbald zu einer lokalen Berühmtheit. Seine Arbeit sorgt für einen regelmäßigen Nachschub an neuen Aufgaben, allerdings scheint keine davon so aufregend und interessant wie der Fall der
Königin der Verdammten. Auch der neueste Auftrag scheint eine Routineangelegenheit zu sein, nämlich ein Gefangenentransport in den New Yorker Hafen. Zwar ist der Häftling ein mehrmaliger Mörder, aber ihn auf ein Schiff nach London zu schaffen erscheint denkbar leicht, da der Mann in Ketten liegt.
Auf dem Weg an die Küste macht der berüchtigte Mister Slaughter seinen Bewachern ein unglaubliches Angebot: Seine gesamte Beute aus den Jahren als Straßenräuber gegen seine Freiheit. Hudson Greyhouse und auch Matthew kommen ins Grübeln, denn Sie seschäftigen sich schon lange mit der Frage, wie sie die enorme Summe zusammenbekommen wollen, um dem Sklaven Zed die Freiheit zu schenken. Nach langem Ringen mit ihrem Gewissen gehen die Männer auf den Wunsch ihres Gefangenen ein und schließen einen Pakt mit dem Teufel. Ein fataler Fehler, wie sich schnell erweisen soll. Es beginnt eine Jagd durch die noch jungen amerikanischen Kolonien, die Matthew Corbett an seine Grenzen führt und sein Leben und das seiner Freunde für immer verändern wird.
"Die Jagd nach Mister Slaughter" ist in der deutschen Übersetzung der fünfte Band und in der Originalserie der dritte Auftritt des ehemaligen Gerichtsdieners Corbett. Konnten die bisherigen Romane schon vollauf überzeugen, so stellt "Die Jagd nach Mister Slaughter" den bisherigen Höhepunkt da. Wie aus den bereits veröffentlichten Bänden bekannt, so nimmt die Geschichte auch hier erst allmählich an Fahrt auf, zunächst werden noch einmal das zurückliegende Abenteuer rekapituliert und die jüngsten Ereignisse in der quirligen Stadt New York nähergebracht. Dann jedoch entführt Robert McCammon seine Leser auf eine Reise in die amerikanische Vergangenheit, der man sich nur schwer entziehen kann und die recht schnell eine wahre Sogwirkung entwickelt und zum Weiterlesen zwingt.
Das Tempo zieht dabei enorm an und findet seinen Höhepunkt in der tatsächlichen Jagd auf Mister Slaughter, einem gnadenlosen Katz-und-Maus-Spiel in der noch urwaldartigen Wildnis Amerikas mit ungewissem Ausgang. Immer wieder gibt es neue, unerwartete Wendungen und zunächst unwichtig erscheinende Entscheidungen der Protagonisten oder am Rande erwähnte Ereignisse bekommen plötzlich eine ganz andere Bedeutung und rücken in den Mittelpunkt des Geschehens.
McCammons Erzählstil ist äußerst flüssig und prägnant und schafft es mit seiner bildhaften Schreibweise in ein längst vergangenes Zeitalter zu entführen, das plötzlich äußerst lebendig und mitreißend vor dem imaginären Auge des Rezipienten Gestalt annimmt. Neben der raumgreifenden und überzeugenden Schreibmethode sind es insbesondere die großartigen Charaktere des Romans, die begeistern. Da wäre sicherlich zunächst die Hauptfigur Matthew Corbett, die einer fortwährenden Veränderung unterzogen ist und so äußerst menschlich und zu keiner Zeit unfehlbar daherkommt, was es einem leicht macht, sich mit dem Protagonisten zu identifizieren und zu sympathisieren. Gerade das Zweifeln an den eigenen Entscheidungen und Fähigkeiten machen Matthew Corbett zu einer unwahrscheinlich tiefgründigen Figur, die sich von vielen Hauptdarstellern anderer Thrillerreihen abhebt.
Der große Gegenspieler ist natürlich der titelgebende Tyranthus Slaughter, ein Schurke und Mörder, der mit einer Präsenz in die Fantasie des Lesers tritt wie es nur selten geschieht. Wie eine Naturgewalt bricht er über Matthew Corbett und alle anderen Menschen herein, denen er begegnet und verbreitet überall, wo er ihn Erscheinung tritt, Angst und Schrecken, welche sich schnell auf das Publikum übertragen. Slaughter ist ein gebildetes Monster mit einer großen Lust am Töten, die er zelebriert, wo er kann. Der brutale Mörder erscheint wie eine Mischung aus Hannibal Lecter, Jack the Ripper und nicht zuletzt Sweeney Todd, kombiniert mit einer ganz eigenen dunklen Aura, die jedes seiner Worte bedrohlich und angsteinflößend erscheinen lässt.
Dazu kommen weitere faszinierende Charaktere, die dieses Buch so außergewöhnlich machen. Hier wäre allen voran der Wanderer zwischen den Welten zu nennen, ein Indianer, der Matthew auf seiner Jagd begleitet und ein großes Geheimnis mit sich umherträgt, und das Mädchen Lark, dessen Leben sich durch Slaughter auf dramatische Weise verändert. Bei jeder dieser Figuren gelingt es McCammon einen eigenen, individuellen Charakter zu erschaffen, der authentisch und glaubwürdig in Szene gesetzt wird.
Dazu besticht der Roman mit seiner enorm dichten Atmosphäre, die einen zeitweilig das Atmen vergessen lässt, exemplarisch seien hier die Momente der nächtlichen Jagd durch den Wald zu nennen, die man ohne Probleme als nervenaufreibend beschreiben darf. In diesem Thriller finden sich aber auch die großen Gefühle wieder, was sicherlich nicht immer in diesem Genre anzutreffen ist, die Palette reicht hier von Hass und Trauer über Hoffnung bis hin zur großen, noch unerfüllten Liebe.
Ein historischer Thriller lebt natürlich zu einem guten Stück weit von seiner Authentizität und ob es gelingt, das Feeling einer bestimmten Zeit einzufangen. Wie der Autor im Nachwort beschreibt, hat er sich wie so viele seiner Kollegen einige künstlerische Freiheiten erlaubt, an anderer Stelle aber große geschichtliche Sorgfalt walten lassen, und dabei noch das Kunststück vollbracht, eine längst vergangene Epoche sehr lebendig erstrahlen zu lassen. Eine Einschätzung, die man ohne Einschränkungen unterschreiben kann. Dabei findet die Entwicklung der Stadt New York ebenso ihre Erwähnung wie die Veränderung der Lebensumstände der amerikanischen Ureinwohner. Dies alles in einem einzigen Buch zu vereinen darf ohne Einschränkung als Meisterstück bezeichnet werden. Jeder, der sich für historische Thriller interessiert, sollte dieses Buch gelesen haben!