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1984

1984
Wem kann man seine Gedanken anvertrauen in einer Welt, die Konformismus zum obersten Gut erhoben hat?

1984Quasi zeitgleich sind zwei Graphic Novels auf den Markt gekommen, die sich mit den Mitteln der Neunten Kunst den berühmtesten Schöpfungen von George Orwell widmen. Mit "Animal Farm" (1945) und "1984" (1949 ursprünglich als "Nineteen Eighty-Four" erschienen) hat sich der 1950 im Alter von nur 46 Jahren verstorbene englische Schriftsteller und Journalist einen Platz keineswegs nur in der Literaturgeschichte gesichert, denn viele der von ihm verwendeten Begriffe sind längst in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen. Während die Adaption von "Farm der Tiere" bei Panini verlegt wird, hat sich Splitter die Rechte an der Bearbeitung von "1984" durch Sybille Titeux de la Croix und Zeichner Amazing Ameziane gesichert.


Im vom omnipräsenten Großen Bruder geführten Überwachungsstaat, dem wir das Adjektiv "orwellianisch" verdanken, zweifelt Winston Smith zusehends an seiner geistigen Gesundheit. Angesichts seiner Tätigkeit beim Ministerium für Wahrheit, die das nachträgliche Zurechtbiegen der historischen Realität nach dem Willen der Partei umfasst, ist nicht weiter verwunderlich, dass er allmählich nicht mehr zwischen eigenen persönlichen und aufoktroyierten Erinnerungen unterscheiden kann. Trotz des Teleschirms in seiner Wohnung, der die Privatsphäre zur Illusion macht, beginnt er Tagebuch zu schreiben und lernt Julia kennen, die sich ebenso wie er aus der inneren Emigration herauswagen und eine aktive Rolle gegen das herrschende System einnehmen will.


So viel zur Handlung von "1984", die an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt werden braucht, denn der ebenso faszinierende wie beklemmende Wahnsinn, der sich hier entfaltet und in der Schilderung von perfider Kontrolle und Manipulation unangenehmen Wiedererkennungswert für die Gegenwart offenbart, dürfte in seinen Grundzügen bekannt sein. Natürlich soll die vorliegende Bearbeitung die Lektüre des Originalromans nicht überflüssig machen – das behaupten zu wollen wäre ein Sakrileg, aber sie schafft es hervorragend, die bedrückende Paranoia und Unsicherheit des Individuums in einer auf Uniformität gedrillten Gesellschaft, die sich in das zerfurchte Gesicht von Winston Smith eingegraben hat, wiederzugeben.


Amazing Ameziane macht den Kontrast zwischen dem von der anonymen Obrigkeit gewünschten Ende des selbstständigen Bürgers und dem Versuch, sich selbst den winzigen Freiraum in Form von körperlicher Nähe zu einem anderen Menschen zu erkämpfen, auch mittels der dem tristen Setting entsprechenden Farbgebung spürbar. Wenn man zwei und zwei zusammenzählt (die kleine Referenz sei erlaubt), ist diese Graphic Novel eine anerkennenswerte Leistung, die nicht zuletzt daran erinnert, welche Entwicklung das Medium Comic seit den Tagen Orwells durchgemacht hat. Zur Zeit des Autors wäre eine solche Adaption von "1984" – im Gegensatz zu dessen behandelten Themen – nämlich schlicht utopisch gewesen.


 
# # # Andreas Grabenschweiger # # #



Publisher: Splitter Verlag




 


 

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