Tomb Raider

Die gute Lara Croft, ihres Zeichens Angehörige der britischen Oberschicht, Jägerin seltener Artefakte und vollbusige Pop-Ikone der 1990er, hat schon einige Reboots hinter sich. Zum ersten Mal versuchte Core Design 2003 mit "Tomb Raider: Angel of Darkness" den Sprung in die PS2-Ära und scheiterte bei Kritik und Publikum. Danach wurde die Serie an das US-Studio Crystal Dynamics übergeben, das sie schließlich mit "Tomb Raider: Legend" im Jahr 2006 recht gelungen modernisierte.


Drei Spiele später steht nun die nächste Generalüberholung an: Der jüngste Titel, in bester Reboot-Tradition schlicht "Tomb Raider" genannt, stellt also bereits den dritten Versuch dar, der einst so stilbildenden Serie Relevanz zurückzugeben, und stellt sicherlich deren bisher radikalste Neuerfindung dar. Das klingt jetzt sehr innovativ, in der Praxis läuft es aber darauf hinaus, dass man angestrengt versucht hat, den Franchise an die tausendmal geprüften mechanischen und narrativen Konventionen moderner AAA-Titel anzupassen.


"Tomb Raider" hat wirklich etwas von allem, das im Mainstream moderner Videospielentwicklung momentan angesagt ist: Cover-basierte Schießereien, nervige Quick-Time-Events, dezente Open-World- und Rollenspielelemente und diverse Collectibles. Wie in "Assassin`s Creed III" und "Far Cry 3" kann Lara Tiere jagen und wie in so gut jedem als "erwachsen" verkauften Titel ist die Spielwelt dreckig, düster und brutal.


Crystal Dynamics versucht mit "Tomb Raider" eine klassische Origin-Story zu erzählen. Die junge Lara Croft strandet im Zuge einer Expedition auf einer Insel, die eine geheimnisvolle Geschichte, aber auch fürchterliche Grauslichkeiten birgt, meist in der Form blutrünstig-geisteskranker Männer. Die Protagonistin soll also durch eine körperliche und psychische Extremsituation eine Charakterentwicklung vom Opfer zur gestählten Heldin durchmachen, und auch wenn das Videospiel an sich bereits das perfekte Medium für diese Art von Erzählung ist, zieht sich die Grundidee bemerkenswert konsequent durch das Gamedesign.


"Tomb Raider" mag nämlich ganz schon dumm und exploitativ sein, aber als Spiel funktioniert es herausragend gut. Crystal Dynamics verstehen ihr Handwerk: Allein technisch wird eine beeindruckende Leistung für die schwächelnde Hardware aktueller Konsolen geboten. Wie motivierend und gut abgestimmt die einzelnen Mechaniken sind, ist aber ein Kapitel für sich. Kampf-, Puzzle-, Story- und explorative Passagen wechseln sich im perfekten Tempo ab, Set-Piece-getriebene Linearität und Open-World-Freiheiten gehen Hand in Hand, die Feuergefechte spielen sich befriedigend und die Rätsel bleiben durchgehend interessant.


Fazit: Von einigen kleinen Schnitzern, wie den unsäglichen Quick-Time-Events der "Press X to not die"-Schule, ist "Tomb Raider" somit geradezu eine Art "Best of" modernen AAA-Mainstream-Videospieldesigns. Zumindest für all diejenigen, die den Fremdschämfaktor der Story verkraften können.






Entwickler: Crystal Dynamics
Publisher: Square Enix
Plattform: PS3 (getestet), Xbox 360, PC



Grafik: 9/10
Sound: 9/10
Steuerung: 9/10
Spielspaß: 8/10
Gesamt: 7,5/10