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Viennale 2009

logovneu4c (c) Viennale
Österreichs größtes internationales Filmfestival öffnet zum 47. Mal seine Pforten.

logovneu4c (c) Viennale / Zum Vergrößern auf das Bild klickenLetzten Donnerstag wurde mit der österreichisch-italienischen Co-Produktion "La Pivellina" in Wien die 47. Viennale, Österreichs größtes internationales Filmfestival, eröffnet. Bei der feierlichen Gala war auch der diesjährige Stargast Tilda Swinton geladen. Der schottischen Oscarpreisträgerin widmet die Viennale dieses Jahr ein Tribute, das einige ausgewählte Arbeiten ihrer bisherigen Karriere zeigt. Auch einige der übrigen Gäste die sich dieses Jahr angesagt haben, wie Jane Birkin, Harun Farocki, Jessica Hausner und Michael Almereyda, sind für Cineasten keine Unbekannten. Die Viennale ist allerdings keine protzige Event-Party. Große Namen sorgen aber für Aufmerksamkeit, daher schadet es wohl nicht neue Werke von Francis Ford Coppola, den Cohen Brüdern, Woody Allen, Steven Soderbergh, Lars von Trier und Werner Herzog im Programm zu haben. Das Hauptaugenmerk des Festivals liegt aber auf ungewöhnlichen, teilweise auch ungewohnten und verstörenden Arbeiten, die sich an neuen Erzählweisen, Formen und Sprachen versuchen.


Mehr als 90.000 Besucherinnen und Besuchern werden zu den über 300 Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilmen in Wien erwartet. Eine Retrospektive, in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Filmmuseum, die sich in diesem Jahr mit amerikanischen Komödien und Comedy auf Kosten Amerikas beschäftigt, ergänzt das umfangreiche Programm. Insgesamt 23 Weltpremieren werden in Wien gezeigt, ein Großteil davon ebenfalls aus dem umfangreichen Dokumentarfilmprogramm, das traditionell eine Stärke des Festivals ist.


v09encerclimf-board (c) Viennale / Zum Vergrößern auf das Bild klickenEines dieser informativen und lehrreichen Juwele des Dokumentarfilms kommt dieses Jahr vom kanadischen Regisseur Richard Brouillette, der über "L`Encerclement - La Démocratie dans les rets du néo-libéralisme" sagt: "Ich wollte keinen Film über die Globalisierung der Wirtschaft machen - davon gibt es bereits mehrere -, sondern einen Film über die Globalisierung dieses Denksystems; einen Film über die Kontrolle des Geistes, über Gehirnwäsche und ideologischen Konformismus; über die allgegenwärtige Unumstößlichkeit eines neuen Monotheismus mit seinen Gesetzestafeln, seinen brennenden Dornbüschen und goldenen Kälbern." Der Film kann als sehr komprimiertes Seminar der Grundlagen der Wirtschaftsgeschichte, der Volkswirtschaftslehre und der politischen Ökonomie des 20. Jahrhunderts verstanden werden. Fertiggestellt hat der sympathische College-Abbrecher seinen Film 2008. Begonnen haben seine Recherchen bereits 12 Jahre zuvor. Einiges des verwendeten Materials wurde bereits im Zeitraum 2000 bis 2002 gefilmt. Das ist aber nicht weiter schlimm, denn der Film ist nicht nur in seiner monochromen Gestaltung, sondern auch in seinem Inhalt durchaus zeitlos.


v09encerclnoam_chomsky (c) Viennale / Zum Vergrößern auf das Bild klickenMit Noam Chomsky, Susan George und Michel Chossudovsky kommen namhafte Kritiker des neo-liberalen Dogmas zu Wort. Mit Martin Masse und Jean-Luc Migué dürfen aber auch redselige Proponenten der Gegenseite 25 Minuten des insgesamt 166 minütigen Films mit ihren Ansichten über den Sinn des neo-liberalen Denkens füllen. In zehn Kapiteln lässt Brouillette insgesamt dreizehn Intelektuelle über das Dispositiv des Neoliberalismus zu Wort kommen. Eine Balance beider Seiten und ihrer Sichtweisen lag ihm dabei nicht am Herzen. "L`Encerclement - La Démocratie dans les rets du néo-libéralisme" gewann heuer bereits den Großen Preis beim Dokumentarfilmfestival von Nyon und wird in Kürze auch in Europa auf DVD erhältlich sein, dann auch mit deutschen Untertiteln, die den zur Gänze aus "talking heads" bestehenden Film hierzulande einem breiteren, interessierten oder engagierten Publikum zugänglich machen könnten.


Eine sehr persönliche und pointierte Zustandsbeschreibung jener Generation die gänzlich in der Ära des neo-liberalen Dispositivs sozialisiert wurde, liefert der Dokumentarfilm "Wir sind schon mittendrin" von Elmar Szücs, einem inzwischen 32 jährigen gebürtigen Hamburger, der an der Filmakademie Baden-Württemberg mit dem Schwerpunkt Dokumentarfilm-Regie studierte. Als er mit 29 Jahren Vater wurde, begann er sich zu fragen wo er im Leben steht und was er schon erreicht hat. Auf der Haben-Seite war da nicht viel vorzuweisen. Zumindest nicht wenn man nach traditionellen Indikatoren wie Ausbildung, Beruf und Karriere geht, die für die Elterngeneration, obwohl 68er und liberal, doch Mittelstand und gutbürgerlich, noch gegolten haben.


v09wir_sind001 (c) Viennale / Zum Vergrößern auf das Bild klickenSzücs hatte wohl den Verdacht dass er mit seiner Bilanz nicht ganz alleine dasteht. So besuchte er mit seiner Kamera drei alte Schulfreunde in Hamburg, die er einige Jahre nicht mehr gesehen hatte. Alle kurz vor ihrem Dreißiger, mitten im Studium, schon eines abgebrochen und gerade ein neues angefangen. Alle samt durchschnittliche Typen, durchaus sympathisch, alle mit ihren individuellen Problemen. Es zeugt von Selbstironie und wohl auch von ein bisschen Nostalgie den Aufbruch der vier Freunde zu ihrem gemeinsamen Selbstfindungstrip nach Amrum mit den Sternen "Was hat dich bloß so ruiniert" zu unterlegen. Sänger Frank Spilker formulierte schon 1996 die Fragen die Szücs und seine Kumpels heute beschäftigen. "Wo fing das an? Was ist passiert? Hast du denn niemals richtig rebelliert?" Oder kurz, warum ist alles ganz anders geworden als es sich die Vier vorgestellt haben?


Auf Amrum stellen sie einige Analysen ihrer Situation und den Weg dorthin an und entdecken ein verbindendes Generationsgefühl. Sie alle gehören zur "Generation Undecided", wie der Film auf Englisch betitelt ist. Sie wollen sich nicht auf etwas Konkretes festlegen, sich keine Alternative verschließen und sich alle Möglichkeiten offen lassen. Sowohl in Ausbildung und Beruf, als auch in Beziehung und Familienplanung. Ihre Entscheidungsschwäche tragen sie allerdings symbolisch zu Grabe, um sie auf der Nordseeinsel zurückzulassen. Erzählt wird die Geschichte in einer Stunde. Zu sehen war dieses, für alle Endzwanziger, tolle Stück Filmarbeit bereits auf der Berlinale. Am 16.11. läuft der Film um 23:00 Uhr auf SWR.


v09whenyou003 (c) Viennale / Zum Vergrößern auf das Bild klickenDas erste Viennale Wochenende hatte auch gleich einiges an musikalischen Highlights zu bieten. Mit dabei war etwa Tom DiCillos "Doors-", respektive Jim Morrison-Biografie "When you’re strange". Darin kann der, aus dem Independent-Kino kommende, amerikanische Regisseur auf bisher unveröffentlichtes Material des Fotografen Paul Ferrara zurückgreifen, der die Doors über Jahre hinweg begleitet hat und auch privat filmen konnte. Mit ihm hat Morrison auch sein eigenes Roadmovie realisiert, aus dem einige Versatzstücke verwendet werden.


v09itmight003 (c) Viennale / Zum Vergrößern auf das Bild klicken"It might get loud" von Davis Guggenheim, dem Regisseur von Al Gores Oscar-prämierten Doku "An Inconvenient Truth", ist bereits seit 27. August in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen. Nun hat der E-Gitarren-Film auch in Österreich einen Verleih gefunden. Das schöne an dieser Doku: Sie bietet all jenen die auf rockige Riffs stehen seltene Aufnahmen, persönliche Erinnerungen und interessante Einblicke in die Beziehung zwischen dem Instrument und den porträtierten Gitarristen: Jimmy Page, The Edge und Jack White. Das sind nicht nur drei unterschiedliche Charaktäre, sondern auch drei unterschiedliche Spielstile und Generationen, die in den Burbank Studios in Los Angeles aufeinander treffen, um über ihren Umgang, ihre Erfahrungen und ihre persönlichen Geschichten mit der E-Gitarre zu plaudern. Natürlich haben sie ihre Arbeitsgeräte mitgebracht und jammen für die Kamera. Absolut sehens- und hörenswert.


# # # Felix Reiterer # # #

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