Ist der Ruf der Wissenschaft erst ruiniert, lebt es sich als Frömmler ganz ungeniert...
Dem Papst und vielen anderen Zeitgenossen, die ihm in keinster Weise wohlgesonnen waren, galt Friedrich II. (1194-1250) als leibhaftiger Antichrist, seinen Bewunderern hingegen aufgrund seiner Förderung von Wissenschaft und Kunst als "Stupor Mundi", das "Staunen der Welt". Diesen Titel trägt auch das Debüt des Tunesiers Néjib auf dem deutschsprachigen Comic-Markt, in dem der letzte Kaiser aus dem Geschlecht der Staufer eine nicht unwesentliche Rolle spielt.
Er holt einen arabischen Gelehrten an seinen Hof, um einen Trumpf im Machtkampf mit dem Stuhl Petri zu bekommen: Hannibal Qassim el Battuti hat eine Apparatur geschaffen, mit der man das Antlitz eines Menschen auf ein Stück Stoff bannen kann – das Turiner Grabtuch lässt grüßen. Doch nicht nur Intrigen bedrohen das Projekt, sondern auch Ignoranz und frömmelnde Verblendung, die den aus der Heimat geflüchteten Forscher und seine Tochter Houdeh alsbald einholen und erneut um ihr Leben fürchten lassen.
Getragen von markanten Strichen und auf wenige Farbtöne reduzierte Kolorierung, setzt Néjib für seine Geschichte mehrere historische Figuren ein, die gekonnt mit einem fiktiven mittelalterlichen Krimi verknüpft werden und gleichermaßen glaubwürdig wie spannend ein Grundübel skizzieren, das auch nach Hunderten und Tausenden von Jahren fortbesteht. Insofern ist dieser formidable Band angesichts des weltweiten Kampfs religiöser Eiferer gegen Wissenschaft und Vernunft (leider) aktueller denn je!
# # # Andreas Grabenschweiger # # #
Publisher: Schreiber & Leser
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