Im zarten Alter von 18 Jahren machte sich Sasha Grey auf, um den Porno zu revolutionieren.
Die Rolle der Männlichkeit wollte sie mit aktiver weiblicher Sexualität im aggressiven Ausmaß untergraben, verunsichern wollte sie die Vertreter der Ansicht, dass beim inszenierten Kopulieren der Mann die Kontrolle hat, all die Frauen aufklären, die sich ob ihrer sexuellen Gelüste in irgendeiner Weise geschämt haben und beweisen, dass im Porno Platz für Kunst ist. Freilich weiß Grey, dass diese dem durchschnittlichen Fickfilm-Konsumenten scheißegal ist, aber aufdrängen kann man sie ihm ja. Nun, mit 23, ist Marina Ann Hantzis auch schon wieder durch mit der Pornobranche und hat ein Buch herausgebracht.
"Neü Sex" ist im weitesten Sinne als ihr Beitrag für die Verbindung von Porno und Kunst zu verstehen, oder zumindest künstlerischer Anteil an einer Art des Porno, der von Grey personifiziert wird. Zwischen 2006, dem Beginn ihrer Karriere, und 2009 zückte sie immer wieder die Kamera – das Resultat ist kein Fototagebuch des Pornobusiness, sondern die Materialisierung gewisser Augenblicke, die dadurch zu einem greifbaren Zeitpunkt wurden. Ständig springen die Bilder zwischen immens ausdrucksstarken Momentaufnahmen, inszenierten Absurditäten und tiefgründigen Einblicken hin und her, um immer wieder durch kleine Essays von Grey unterbrochen zu werden.
Wenn nötig ging ihr langjähriger Partner und Fotograf Ian P. Cinnamon helfend zur Hand, entstanden ist ein unglaublich schöner, teils verstörender Fotoband, der etwas mehr Anspruch an den Betrachter stellt als das durchschnittliche Pferdebilderbuch. Er verlangt dass man sich zumindest in geringem Ausmaß mit Greys intellektuellem Anspruch an den Porno vertraut macht und versucht, die von Voreingenommenheit dominierte Meinung zu dem, was Frauen wollen (können), aufgibt.
Auch ohne jegliches Hintergrundwissen ist "Neü Sex" originell genug, um alleine durch die vielfältigen und teils obskuren Fotografien sein Dasein zu rechtfertigen. Man hat hier zwar noch keine weibliche Terry Richardson, auch wenn man Grey ja schon in dessen "Terryworld" im SLAYER T-Shirt und ohne Hosen an einem Heizkörper baumelnd bewundern durfte. Aber dass hier Potential vorhanden ist, kann nicht geleugnet werden.
# # # Christoph Höhl # # #
Publisher: Heyne Verlag
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