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Movie-Review: Death Sentence

Death Sentence (c) Fox
Kevin Bacon als Racheengel im neuesten Streich von SAW-Regisseur James Wan. Selbstjustiz ohne Populismus. Der Soundtrack? Irgendwo zwischen Pop und Heavy Metal.

Death Sentence (c) Fox / Zum Vergrößern auf das Bild klickenJames Wan, der Regisseur des ersten Teils der blutig-bizarren SAW-Trilogie, inszenierte diesen Film mit Kevin Bacon in der Hauptrolle als Nick Hume. Gespannt und voller Erwartung auf ein weiteres "mords"-Epos freute man sich zunächst über die von Constantin-Film via Cycamp.at gesponserten Gratis-Tickets, wurde jedoch relativ bald durch die Vielschichtigkeit der Charaktere und die überzeugende emotionalen Veranschaulichung ihrer Gefühlswelt positiv überrascht.

Insbesondere Kevin Bacon überzeugt in seiner Rolle als Familienvater, der durch die Ermordung seines Lieblingssohnes - bei einem Tankstellenstop und im Zuge eines "Gang-Initiationsritus" – zum Racheengel mutiert. Diese Wandlung vom liebenden und fürsorglichen Familienoberhaupt, sowie verantwortungsvollen Manager (einer versicherungsähnlichen Risiko-Einstufungs-Gesellschaft) zum Mann der die Gerechtigkeit in die eigene Hand nimmt, wirkt dabei sehr überzeugend. Bacons Rolle im Besonderen sowie die Filmhandlung im Allgemeinen scheinen dabei an Charles Bronsons` Charakter in "Ein Mann sieht Rot" sowie Robert De Niros` Filmrolle im legendären "Taxi Driver" angelehnt zu sein.

Selbstjustiz und Kritik an der soziopolitischen Ordnung sind dabei das zentrale und gemeinsame Element jener Filme. Bei "Death Sentence" wird jedoch vermehrt auf die Darstellung des inneren Kampfes des "Rächers" wert gelegt. Selbstzweifel und innere Zerrüttung werden von den Darstellern der übrigen Familienmitglieder (solide: Kelly Preston, Jordan Garett und Stuart Lafferty), vor allem aber von Kevin Bacon glaubhaft präsentiert; des weiteren hat die vordergründig "gerechte" Rache weitreichende und unabsehbare Konsequenzen für das Leben aller Protagonisten.

Dies unterscheidet "Death Sentence" von den meisten vorangegangen Streifen, die sich mit dem Thema Selbstjustiz auseinander setzen und dabei häufig nur Populismus transportieren. Im Gegensatz dazu wird rachegeleitete "Law and Order" bei "Death Sentence" nicht gerechtfertigt sondern kritisch hinterfragt.

Vom filmästhetischen Blickpunkt stechen zunächst die einleitenden Homevideo-Aufnahmen hervor. Diese veranschaulichen jene "heile Welt", die durch den dramatischen Tod des Sohnes bei der Tankstelle ein jähes Ende findet. Wiederholt wurden diese Homemovies zwischendurch eingespielt, um zu betonen dass einmal alles gut war, jedoch die alte, "gerechte" Ordnung nie wieder hergestellt werden kann. Der Film endet daher konsequenterweise mit jenen Camcorder-Aufnahmen, die von Familienidylle und heiler Welt berichten.
 
Dazwischen herrscht jedoch Krieg und Terror. Und das ein "War on Terror" nicht funktionieren kann, gibt der Regisseur unverblümt als politische Botschaft an die Zuseherinnen weiter: "Im Krieg glauben alle Recht zu haben, und am Schluss sind alle tot", so die ermittelnde Polizeibeamtin philosophisch zu Kevin Bacon nach einem Gemetzel. Auffällig auch der dominierende kalte Farbton sowie die oftmals hektische und beabsichtigt verwackelte Kamera, die das Chaos der Ereignisse und die Folgen des großen emotionalen Stress` veranschaulicht. Hier kann auch eine weitere Analogie von der Bildsprache zum Inhalt festgestellt werden: In manchen Szenen kommt unpräziser, amateurhaft wirkender Zoom zum Einsatz, infolgedessen wirken einige Bilder unscharf und der Bildrhythmus noch wirrer; alles ist durcheinander gewürfelt, das Leben gerät aus den Fugen.

Aus dem Jäger und Rächer wird schließlich ein Gejagter; rasante Bildfolgen und die bewegungsfreudige Kamera erzeugen eine beinahe schon euphorische Stimmung. Die in manchen Szenen intensiv verwendete Handycam-Verfolgerperspektive hat daran wesentlichen Anteil. Der Soundtrack kann als solide und atmosphärisch bezeichnet werden, vielerorts tritt die musikalische Untermalung jedoch absichtlich in den Hintergrund.
 
Bekannte Pop-Melodien, vor allem im Kontext mit den friedlicheren Szenen, werden von markanten Heavy-Metal-Riffs, meist in Verbindung mit herumfliegenden Blei und spritzendem Blut abgelöst. Einige logische Mängel sowie Plot-Holes trüben den Blick dabei geringfügig: Fraglich ist zum Beispiel die lasche Vorgangsweise der Polizei als schon klar war, dass Bacon sich in auf einem Rachefeldzug gegen die Gang befindet; fraglich auch der Umstand, dass ein kürzlich noch pazifistischer Familienvater in wenigen Stunden (dargestellt in einer längeren, zeitraffenden Einstellung) zum geübten Waffenexperten entwickeln kann. Emotional erkaltet, ohne Zukunftsperspektiven und mit sicherer Hand kommt es schließlich zum finalen Shoot-Out in einer ehemaligen Heilanstalt, die zum Drogen-Hauptquartier der Gang umfunktioniert wurde. Ein letztes Mal versucht Bacon zwanghaft die Ordnung wieder herzustellen. 

Wie in Taxi Driver ist das finale Shoot-Out überaus detailreich und blutig inszeniert, und auf hohem Niveau choreografiert. Jedenfalls nichts für schwache Nerven. Grundsätzlich stellt sich die Frage ob die Gewalt bei "Death Sentence" bloß als Mittel zum Zweck gebraucht wird. Nichtsdestoweniger ist es wahrscheinlich, dass sich der Regisseur den Vorwurf der Gewaltverherrlichung gefallen lassen muss: Gewalt-Glorifizierung oder einfach nur genretypische Action-Choreografien? Pierre Paolo Pasolini, italienischer Regisseur, äußerte sich in einem ähnlichen Kontext: "Wenn ich eine Botschaft habe, gebe ich einen Brief auf." Positiv hervorzuheben ist auf jeden Fall der offen zur Sprache gebrachte Leitgedanke: Mit Gewalt lässt sich keine Gerechtigkeit erzwingen, Krieg bedeutet Gewalt, Kriege haben keine Gewinner. Abgesehen von der Rüstungsindustrie.

###Karl Stingeder###


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