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Live-Review: JELLO BIAFRA & THE GUANTANAMO SCHOOL OF MEDICINE (04.07.2010, Arena, Wien)

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Generationenkonflikt war gestern. Zumindest wird er jenseits der sommerlich-sonntäglichen Punk-Generalversammlung in der Wiener Arena ausgetragen. Wenn sich Jello Biafra ankündigt, dürfen sich 15- bis 55-Jährige (und darüber hinaus) auf einen bewegungsreichen Abend für Kopf und Körper freuen.




jello_biafra1 / Zum Vergrößern auf das Bild klickenUnd wenn Rainer Krispel von SEVEN SIOUX nicht nur bei einem BAMBIS-Cover, sondern auch bei Kalibern wie „I Fought The Law“ und „Die letzte Schlacht“ von seiner Mutter stimmlich unterstützt wird, hat generationenübergreifendes Musizieren (für das unlängst auch ein Chuck Dukowski plädierte) auch in der heimischen Szene seinen Platz gefunden. Das STIMMGEWITTER besteht aus VerkäuferInnen/ SchreiberInnen der Wiener Straßenzeitung „Augustin“. Und die „Schmankerl der Schöpfung“, wie ihre heuer erschienene EP heißt, hatten jede Menge Spaß und keinerlei mitleidigen Sozialprojekt-Beigeschmack. „What a great idea!“, meinte später auch Jello.
Wer von ihm die pure DEAD KENNEDYS-Nostalgie wahlweise erhofft oder befürchtet hatte, musste glücklicherweise enttäuscht werden. Jello und seine supertighte „Schulband“ gaben das gesamte Album „The Audacity Of Hype“ zum Besten, dazu die superben neuen Songs „Dot Com Monte Carlo“ und „Attack Of the Mind Snatchers“ (EP erscheint angeblich im Herbst). Seine unverwechselbar markante Stimme hat nichts an Kraft verloren, und ist natürlich der Grund, warum Jello-Kompositionen immer an DK gemahnen. Allerdings an DK anno 2010. Und dabei fühlen sich selbst Ausnahmemusiker wie Bassist Andrew Weiss (spielte bei GONE, ROLLINS BAND, WEEN) und Gitarrist Ralph Spight (von den wieder aktiven großartigen VICTIMS FAMILY) keineswegs unterfordert, wie sie mir nach dem Gig lächelnd versicherten. Fünf DK-Klassiker, nicht als Zugabeblock, sondern gut im Set verteilt, reichten als Rückblick auf Jellos über 30-jähriges Schaffen: „Let’s Lynch The Landlord“, „Holiday In Cambodia“, „Moon Over Marin“, „Bleed For Me“ und das natürlich auf den amtierenden Governator umgemünzte „California Über Alles“. Entsprechend Jellos seinerzeitiger „Will the metalheads finally learn something?“-Ausjello_biafra / Zum Vergrößern auf das Bild klickensage in „Chickenshit Conformists“ würde ich die Version den saublöden AUSTRIAN DEATH MACHINE ans naiv kalifornische Herz legen.
Davon, und vom naiven Liberalen war Jello schon immer das genaue Gegenteil. Kein Wunder also, wenn sich der Meister des bissigen Zynismus auch nicht von simpler „Change“-Propaganda einlullen ließ und die amtierende Regierung Obamas an ihren (unterlassenen) Taten misst. „Hope? Heartbreak!“ Insbesondere das Nicht-Verfolgen der „Kriegsverbrecher aus Bush-Zeiten“ beschäftigt den unermüdlichen Polit-Agitator, der seine leidenschaftlich zugespitzten Polemiken und Messages rhetorisch klar und deutlich unters Volk zu bringen pflegt: „Wenn diese Nazis schon beim ersten Mal davon kommen, werden sie wieder erstarkt zurück an die Macht drängen!“ Jello warnt vor dem amerikanischen „Trend“ privatisierter Gefängnisse und weist mit sarkastischem Grinsen auf die xenophoben Parallelen im „Panicland“ und dem ehemaligen „Haider-Country“ hin. Ob er wohl auch von der Innenministerin und ihren Speichelleckern gehört hat, die sich mit Abschiebungen bei der rechten Mehrheit zu profilieren versuchen? Solange auch hierzulande der kleinkarierte „Terror Of Tinytown“ ungebrochen regiert, ist Jellos Wort zum Sonntag ein willkommenes „Preaching to the converted“.
Der 52-Jährige mag Haare verloren und Kilos zugelegt haben. Die Energie jedoch, mit der er die schweißtreibende, gut 100-minütige Show bestreitet, kann zu DK-Zeiten kaum größer gewesen sein. Bei den Zugaben entledigt er sich noch des Shirts und beweist dem fröhlich tobenden Publikum, dass man(n) auch nicht zu alt zum Stagediven ist. Aufgeben gilt nicht: „I won’t give up! It’s not an option!“

Text: Peter Kaiser

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