Der zentralen Figur der berüchtigten Klonsaga in einem Band gerecht werden zu wollen gleicht der Quadratur des Kreises, bürgt aber nichtsdestotrotz für tollen Lesestoff.
Fällt in Bezug auf Spider-Man das Stichwort "Klonsaga", lässt sich die Reaktion von allen, die zur Mitte der 1990er die Abenteuer des Wandkrabblers verfolgten, auf zwei Extreme beschränken: Entweder leuchtende Augen und seliges Zurückblicken auf eine turbulente Zeit, in der jeden Monat aufs Neue mit den Erwartungen der Fans gespielt wurde, oder ein Würgereflex aufgrund einer zunächst auf wenige Monate angelegten Story, die durch die Einmischung der Marketingabteilung von Marvel völlig aus dem Ruder lief. Wohl nicht wenige dürften heilfroh gewesen sein, dass die Chefredaktion des "House of Ideas" schließlich Ende 1996 einen Schlussstrich zog und Ben Reilly den Heldentod sterben ließ.
Endgültig ist natürlich nichts im Superhelden-Genre, folglich durfte Peter Parkers Klon vor einigen Jahren wieder zurückkehren und kürzlich einmal mehr das Kostüm des Originals überstreifen (Stichwort "Beyond"), wenngleich ebenfalls von Kontroversen begleitet – die Geschichte wiederholt sich also. Die Klonsaga ist fast drei Dekaden nach ihrer Veröffentlichung (1994-1996) immer noch ein hervorragender Anlass für Diskussionen zwischen Liebhabern und Gegnern sowie eine für Außenstehende mitunter verwirrende Materie. Die Frage, wer nun das Original war und wer der Doppelgänger, erscheint hier noch als die einfachste. In "Spider-Man" 75, mit dem Marvel einst einen vorläufigen Schlussstrich unter das Reizthema zog, fungierte Norman Osborn als "deus ex machina", um jeden Zweifel an Peter Parkers Status als Original auszuräumen.
Mit dieser Ausgabe beschließt Hachette den vorliegenden Band, der sich Ben Reilly und dessen zwischenzeitlichem Alter Ego Scarlet Spider widmet, was eine logische Wahl darstellt, um die eigentlich unmögliche Aufgabe zu schaffen, seine Geschichte auf eine überschaubare Seitenanzahl zu komprimieren. Am anderen Ende der Ausgabe steht "Amazing Spider-Man" 149, die erste Hälfte der originalen Klonsaga der 1970er, in dem Spideys Double durch die Machenschaften von Miles "Schakal" Warren eingeführt wurde. Da dies tatsächlich sein Debüt darstellte, geht das ebenfalls in Ordnung – alternativ wäre auch die vierteilige Backup-Story "The Double" rund um Ben Reillys tatsächliche Geburt und die emotionale Misshandlung durch seinen Schöpfer (zu finden beispielsweise
hier) interessant gewesen.
Geschrieben wurde diese von Jean Marc deMatteis, seines Zeichens der Psychologe unter den Spidey-Autoren, dessen Zusammenarbeit mit Zeichner Mike Zeck und Tuscher Bob McLeod wir auch den Netzschwinger-Meilenstein
"Kraven`s Last Hunt" verdanken. Hier schließt sich der Kreis, denn genau diese personelle Konstellation verantwortete auch das Herzstück des Hachette-Bands, nämlich die kurz vor dem Finale der "Klonsaga" erschienene Miniserie "Spider-Man: Redemption", welche die Tragik von Ben Reilly und vor allem jene seines fehlerhaften "Klonbruders" Kaine in vier Kapiteln wiedergab und sie aus wechselnden Perspektiven schilderte. So oder so gehört dieser Band in jede ernsthafte Arachno-Bibliothek!
# # # Andreas Grabenschweiger # # #
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