Ein Sammelband wagt mit 18 engagierten Beiträgen eine couragierte Annäherung an eine erschreckend unerforschte Thematik. Die medial und lokalpolitisch umstrittenen First Person Shooter kommen dabei ebenso zur Sprache wie die Bedeutung des Spielens im Clan bei "World of Warcraft".
Der Sammelband "Die Computerspieler: Studien zur Nutzung von Computergames" zeichnet sich insbesondere durch die intelligente Strukturierung der behandelten Themenschwerpunkte und durch ein auffällig vielschichtiges Methodenrepertoire aus. Wahrlich erfrischend und teils auch etwas überraschend wirken auch so manche unkonventionellere Ansätze einiger Autoren. Die durchwegs ergiebige Lektüre bietet darüber hinaus vielversprechende Anknüpfungspunkte zu einem tieferen Verständnis sowie zu einem breiteren Forschungszugang zur Nutzung digitaler Spiele.
Die zu starke Konzentration auf Computerspiele verengt das Blickfeld jedoch etwas. Eine explizite Betrachtung der Nutzung von Video-, Handy- und Browserspielen erscheint gerade auch vor dem Hintergrund der zahlreichen Wirkungsstudien bei Kindern und Jugendlichen, sowie vor allem der globalen Bedeutung von Konsolenspielen (mehr als 80% aller Spiele) und des rasanten Aufschwungs des Item-Selling-Geschäftsmodells bei Browserspielen zweckdienlich. Allerdings muss der Fairness halber angemerkt werden, dass sämtliche Beiträge Feldversuchen und Befragungen zu Grund liegen, die in den Jahren 2005 bis 2006 durchgeführt wurden. Der Start von Nintendos Wii und der große Anklang bei Spielerinnen haben einen wesentlichen Beitrag zum durchschlagenden Erfolg des "Casual Gamings" geleistet. Diese Entwicklung konnte 2005 ohne hellseherische Fähigkeiten nicht vorhergesehen werden. Auch steckte der Browsergame-Markt zu dieser Zeit noch in den Kinderschuhen.
Ebenso wurden einige zentrale Ergebnisse, gerade den E-Sport aber auch Onlinespiele betreffend, zwar nicht bösartig ignoriert, waren jedoch im Vorfeld der Recherchen vermutlich nicht im Fokus der Verfasser. Daher beweisen einzelne Beiträge, dass eine vorherige Auseinandersetzung mit dem aktuellen Forschungsstand generell von Vorteil ist. Davon abgesehen hätten eine grafische Auflockerung der teils doch etwas komplexeren inhaltlichen Zusammenhänge und ein weniger monotones und strenges Schriftbild zu einer leichteren Lesbarkeit beigetragen. Trotz dieser geringen Schwachpunkte war ein fundierter Sammelband in dieser Form längst überfällig. "Die Computerspieler" überzeugt durch Informationstiefe und eine vielschichtige, aufgeschlossene Betrachtungsweise.
Fazit: Die gute Mischung aus quantitativen und qualitativen Beiträgen zu vielen interessanten Bereichen des Computerspielens bietet zahlreiche anregende Impulse für vertiefende Arbeiten. Und vielleicht können mit diesem Sammelband sogar Anknüpfungspunkte für ein besseres Verständnis des häufig vorverurteilten "Gamings" erschlossen werden. Trotz der Wissenschaftlichkeit aller Beiträge liest sich der Sammelband größtenteils flüssig und präsentiert sich somit auch für Nicht-Experten verständlich und informativ gleichermaßen.
# # # Karl Stingeder # # #
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