Kriege werden am grünen Tisch geplant, aber immer noch von Menschen gefochten. Und die zerbrechen entweder daran oder müssen mit den Geistern leben, die sie dabei riefen.
In mittlerweile grauer Vorzeit erfreuten sich Comics, welche die Abenteuer tapferer Soldaten im Dienste von Uncle Sam schilderten, jenseits des Atlantiks großer Popularität, bis ihnen irgendwann die allumfassende Dominanz der Superhelden und deren vergleichsweise friedlicheren Erlebnisse den Garaus machten. Heute fristen solche Storys ein Nischendasein, wenn man es auf den US-Markt fokussiert etwas zugespitzt formulieren will, dann hält im Grunde nur eine einzige Person die Stellung: Garth Ennis. Mit "303" ist im Dantes Verlag ein Werk erschienen, das sich oberflächlich in diese Kategorie einordnen ließe, aber wer den Kultautor ("Preacher", "The Boys") kennt, weiß natürlich, dass er es in diesem Fall nicht nur fertigbringt, sogar in einer Replik auf eine Beileidsbekundung einen Fäkalausdruck zu verwenden.
Der 2004/05 im Original bei Avatar erschienene Sechsteiler beginnt ebenso wie die auf einem Kurzfilm von Ennis basierende und ab 2011 veröffentlichte Serie "Stitched" (hierzulande bei Panini) in der kargen Einöde des afghanischen Gebirges. Im Gegensatz zu dem sich dort entfaltenden Horror geht es hier aber um die Fracht eines abgestürzten amerikanischen Flugzeugs, für dessen offenbar brisante Fracht sich neben den US-Streitkräften auch eine Gruppe britischer Soldaten und ein Trupp unter dem Kommando eines russischen Korporals interessieren. Alsbald entbrennt ein blutiger Kampf, dessen Konsequenzen Zeichner Jacen Burrows (
"Narben",
"Providence") in gewohnt aussagekräftiger Manier veranschaulicht.
So viel sei vorweggenommen: Nachdem sich der Rauch lichtet, ist der Weg des Protagonisten noch nicht vorbei und die letzte Kugel seines Gewehrs nicht abgefeuert: Ein Kaliber .303 British, das ebenso viele Schlachtfelder gesehen hat wie er und Namensgeber der Story ist. Wenngleich manche vielleicht eine gewisse Faszination für technische Details legendärer Waffen zu erkennen glauben, geht es doch im Kern um jene, die sie verwenden – und derer sich wiederum die Mächtigen bedienen, um ihre Ziele zu erreichen. Mit dem Manko, dass es vieles nur andeutet und manche Einzelheiten der Handlung vernachlässigt, erzählt "303" vom Preis des Krieges und Männern, die aus der Zeit gefallen sind, aber offenbar weiter gebraucht werden (ein Motiv, dem wir etwa auch in
"Streets of Glory" begegnen).
# # # Andreas Grabenschweiger # # #
Publisher: Dantes Verlag
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